Schreiben des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume zum Stand der 380 KV Leitung am 24.07.2015
Kiel, den 24 Juli 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume möchte Sie mit diesem Schreiben über den aktuzellen Stand der Gesetzgebung zur angestrebten Teilerdverkabelung der sogenannten "Ostküstenleitung" informieren.
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 08. Mai 2015 im Rahmen seiner Beratung des "Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus" ("Erdkabelgesetz", BR-Drucksache 129/15) auf Antrag der Landesregierung Schleswig-Holstein die Aufnahme der sogenannten Ostküstenleitung von der Mittelachse über Lübeck nach Göhl in das Bundesbedarfsplangesetz als Pilotprojekt für eine Erdverkabelung gefordert. Ziel dieses Antrags war u.a., eine Teilerdverkabelung auf dieser Strecke zu ermöglichen. Wie Sie in den vergangenen Tages bereits verschiedenen Berichterstattungen in den Medien entnehmen konnten, hat sich die Bundesregierung nun im Rahmen ihrer sogenannten Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates geäußert (Stellungnahme und Gegenäußerung finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/1805581.pdf). Entgültig wird das Gesetz im Herbst nach der parlamentarischen Beratung im Bundestag und anschließenden Befassung im Bundesrat verabschiedet werden.
Die Bundesregierung stellt darin in Aussicht, dass die Ostküstenleitung ins Bundesbedarfsplangesetz aufgenommen werden könnte - allerdings würde dies ggf. erst im Rahmen der nächsten turnusmäßigen Novelle des Bundesbedarfsplangesetzes frühestens im Jahr 2016 geschehen. Diese erzögerung hätte erhebliche Konsequenzen für den weiteren Verlauf der Planung. Der bisherige Zeitplan sieht vor, im ersten Abschnitt aus dem Raum Bad Segeberg nach Lübeck bis Mitte 2018, im zweiten Abschnitt von Lübeck nach Göhl bis Mitte 2018 und im dritten Abschnitt von Lübeck nach Siems bis Mitte 2020 mit dem Bau zu beginnen und die Leitung 2019 bzw. 2021 in Betrieb zu nehmen.
Am 22.04. und 13.07.2015 wurden in Bilanzkonferenzen zum Dialogverfahren jeweils Vorzugskorridore vorgestellt, auf deren Grundlage nun mit der Feinplanung begonnen werden muss, um die Planfeststellung und Inbetriebnahme zum vorgesehenen Zeitpunkt zu erreichen. Faktisch ist damit bereits jetzt ein fortgeschrittener Planungsstand erreicht. Eine geänderte Gesetzeslage zugunsten einer Teil-Erdverkabelung könnte nur jetzt ohne Zeitverzug Berücksichtigung finden. Je später die Entscheidung kommt, desto mehr verzögert sie den dringend notwendigen Netzausbau. Schon heute gibt es Abregelungen in der Region, in der die Windenergie zügig weiter ausgebaut wird. In Schleswig-Holstein geht der Zubau an Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien deutlich schneller voran, als bisher von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) angenommen. Noch im Jahr 2014 prognostizierten diese im 2. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2024 (B2024*) für das Jahr 2024 eine installierte Leistung Wind-Onshore von 6,3 GW im Jahr 2024. Dieser Wert wurde ein Jahr später (im Szenario B 2025) durch die ÜNB bereits auf 7,1 GW erhöht. Doch auch diese Prognose wird aller Voraussicht nach deutlich übertroffen werden. Im November 2014 waren bereits 4,0 GW installiert; innerhalb eines halben Jahres ist ein Anstieg auf 4,8 GW erfolgt. Ende April 2015 standen immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen mit mehr als 1 GW vor der Inbetriebnahme. Weiter 1,2 GW befinden sich im Genehmigungsverfahren. Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass bis Ende 2016 bei Wind-Onshore in Schleswig-Holstein 7 GW erreicht sind - nicht erst 2024 wie noch im Jahr 2014 angenommen.
Eine Entscheidung erst im nächsten Gesetzgebungsverfahren zum Bundesbedarfsplangesetz in 2016 würde eine Verschärfung der Problematik dadurch bedeuten, dass sich der Prozess der Netzentwicklungsplanung und der Zeitplan für den dann zu Grunde gelegten Netzentwicklungsplan 2025 schon jetzt deutlich verschoben hat, so dass nicht abzusehen ist, wann die Entscheidung dann endlich fallen würde.
Diese Behinderung des bisher sehr zielorientierten Planungsprozesses sowei die jahrelange Ungewissheit für die Menschen in der Region werden von der Landesregierung mit großer Sorge betrachtet.
Die Landesregierung Schleswig-Holstein ist aus diesen Gründen nach wie vor der Auffassung, dass eine zügige Aufnahme der Ostküstenleitung ins Bundesbedarfsplangesetz die effektivste Option ist, im einerseits die Eingriffe in Landschaft und Natur durch die Option einer Telerdverkabelung zu minimieren und andererseits der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit Rechnung zu tragen. Wir stehen daher weiter in engem Kontakt zur Bundesregierung und setzen uns für die Aufnahme der Ostküstenleitung ins Bundesbedarfsplangesetz ein. Da das Erdkabelgesetz erst im Herbst den Deutschen Bundestag passieren soll, bleib noch Zeit, eine entsprechende Verständigung mit der Bundesregierung und den Fraktionen im Deutschen Bundestag zu erzielen. Die Landesregierung Schleswig-Holstein wird sich weiter für diese Lösung einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ingrid Nestle
Vorzugsvariante für die Abschnitte II und III
14.07.2015
Auf der durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume veranstalteten Bilanzkonferenz am 13.07.2015 wurde die ermittelte Vorzugsvariante für die Abschnitte II (Raum Lübeck -Siems) und III (Raum Lübeck - Raum Göhl) vorgestellt, siehe anliegende Karte.