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»Gewalt kommt nicht in die Tüte« - Aktion am 21.11.23 in Stockelsdorf

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen wurden in Stockelsdorf frische Brötchen und Informationen verteilt: Unter dem landesweiten Motto „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ engagierten sich Bürgermeisterin Julia Samtleben, Ruth Taschendorf vom Frauennotruf Ostholstein und Gleichstellungsbeauftragte Gudrun Dietrich von 10 bis 12 Uhr vor REWE/ALDI am Rathausmarkt.

Die Brötchen wurden in Tüten überreicht, auf denen unter anderem die Telefonnummer des Hilfetelefons 116 016 steht. Bei diesem Hilfetelefon, das Tag und Nacht in 18 Sprachen erreichbar ist, bekommen Betroffene, Angehörige und Freunde anonym und kostenlos Beratung. Im Jahr 2022 wurden auf diesem Wege bundesweit rd. 52.700 Beratungen durchgeführt, rd. 28.800 von Gewalt betroffene Personen nutzten dieses Angebot.

Die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ gibt es in SH seit 20 Jahren als Kooperation der Bäckerinnung, der Gleichstellungsbeauftragten und der lokalen Bündnisse „Gewalt gegen Frauen“ unter der Schirmherrschaft der aktuellen Frauenministerin. Das Thema ist bedauerlicherweise immer noch aktuell, deshalb gibt das Jubiläum keinen Grund zur Freude.

Die Veranstalterinnen weisen darauf hin, dass Gewalt oft schleichend beginnt, beispielsweise durch Kontrollieren, Einschüchtern und Abwerten. Auch nach einer Trennung wird Gewalt ausgeübt und zeigt sich unter anderem durch Beleidigungen, Bedrohungen, Vergewaltigungen oder Stalking.

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wird in Deutschland rund alle zwei Minuten ein Mensch Opfer häuslicher Gewalt. In den allermeisten Fällen richtet sich diese Gewalt gegen Frauen, und Kinder sind mit betroffen. Fast täglich versucht ein Partner oder Expartner, eine Frau zu töten, der Fachbegriff hierfür ist Femizid. 71% der Opfer von häuslicher Gewalt sind weiblich, 76% der Täter sind männlich. Die Polizei vermutet jedoch eine hohe Dunkelziffer. Laut Polizeidirektion Lübeck gab es in 2022 knapp 800 Fälle (791) von (Ex-) Partnerschafts- Gewalt, 591 der Opfer waren weiblich. Deutschlandweit waren im Jahr 2022 anhand gemeldeter Zahlen 240.547 Menschen Opfer von häuslicher Gewalt, das sind 8,5% mehr als in 2021. Laut BKA wurden 454 Frauen (und 248 Männer) getötet, in jeder Stunde werden mehr als 14 Frauen in Deutschland Opfer von Gewalt durch den (Ex-) Partner.

Stockelsdorfs Bürgermeisterin Julia Samtleben: „Durch die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ wollen wir erreichen, dass die Bevölkerung stärker sensibilisiert wird und man genauer hinschaut, und dass die Opfer besser unterstützt werden. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache und kommt in allen gesellschaftlichen Gruppen vor. Nur, wenn die Täter bei der Polizei gemeldet werden, können sie belangt und der Kreislauf gestoppt werden, deshalb hoffen wir, dass sich viele, die damit in Berührung kommen, an das Hilfetelefon oder an die örtlichen Beratungsstellen wenden.“

„Auch bei uns im Kreis OH gibt es häusliche Gewalt“, so Ruth Taschendorf vom Frauennotruf Ostholstein. Die Beraterinnen des Frauennotrufs Ostholstein verzeichnen für das Jahr 2022 knapp 480 Beratungen und rund 120 Datenübermittlungen nach polizeilichen Einsätzen wegen häuslicher Gewalt. Davon wurden 50 polizeiliche Wegweisungen des Täters von der Wohnung angeordnet. 142 Kinder sind bzw. waren mit betroffen. „Wir unterstützen und begleiten die betroffenen Frauen umfassend in allen behördlichen und psychosozialen Fragen und haben unser Beratungs- und Präventionsangebot deutlich ausgebaut“, so Taschendorf. Unter anderem wird eine datensichere Online-Beratung angeboten, es gibt einen Instagramauftritt und der Notruf kooperiert in zahlreichen Netzwerken.

Neben der Sensibilisierung für das Thema häusliche Gewalt fordern Expertinnen unter anderem den Ausbau von Beratung, konsequente Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten wie Tätertraining und zeitnahe Sanktionen durch die Justiz, darüberhinaus eine bessere medizinische (Akut)Versorgung und Spurensicherung. Ausserdem sind mehr Gelder für Dolmetscherinnen und bezahlbarer Wohnraum für Frauen, die das Frauenhaus wieder verlassen können, erforderlich.

Unterstützt wird die Aktion von der Feinbäckerei Schüler, die in der Woche ab dem 20.11.23 diese Brötchentüten verwendet und Infomaterialien auslegt. So kann sich jeder beim Brot kaufen niedrigschwellig informieren, ohne eine Beratungsstelle aufsuchen zu müssen.

Auch in der Gemeindebücherei Stockelsdorf werden Informationen zum Thema häusliche Gewalt ausgestellt.

„Am Samstag den 02.12 23 veranstalten wir passend zum Thema von 9 bis 12:30 Uhr einen Selbstverteidigungskurs für Frauen, Interessierte können sich unter anmeldung-gb@stockelsdorf.de anmelden“, so die Gleichstellungsbeauftragte Gudrun Dietrich.

Wichtige Adressen:

Polizei: 110

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016 und www.hilfetelefon.de

www.frauennotruf-oh.de

Frauenhaus OH: 04521-826 4410

Opferschutz, Hilfe bei Stalking und allgemeine Unterstützung: www.weisser-ring.de

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: beratung@ads.bund.de

www.vertrauliche-spurensicherung-sh.de

Beratung für Männer, die sexuelle und häusliche Gewalt erlebt haben: 0800 1239900

22.11.2023